Grundsätzlich ist jeder Lernprozess nicht nur mit kognitiven, sondern auch mit emotionalen und motivationalen Vorgängen verknüpft 1 (De Corte et al., 1996; Pekrun, 2018) . Letztere sind interindividuell sehr verschieden, da sie eng mit den Vorlieben und spezifischen Interessen der lernenden Person in Zusammenhang stehen. So kann die Aussicht auf ein Schokoladeneis nach einer abgeschlossenen Lerneinheit für das eine Kind mit Vorfreude verbunden und daher motivierend sein, gleichzeitig für ein anderes Kind jedoch keinerlei Anreiz bieten, da es Schokolade noch nie gerne gegessen hat. Folglich ist das, was mit einem positiven Anreiz für das Lernergebnis oder den Lernprozess selbst verbunden wird, unter den Lernenden sehr unterschiedlich 2 (De Corte et al., 1996) . In der bisherigen Lehr- und Lernforschung galten wissenschaftliche Bemühungen auch diesen emotionalen und motivationalen Faktoren menschlichen Lernens 3 (Deci & Ryan, 1993; Reiss & Hammer, 2021) .
Tiere sind die besten Freunde. Sie stellen keine Fragen und kritisieren nicht.
Mark Twain (1835 – 1910)
Im Kontext der lernbezogenen Emotionen und Motivation rückten in den vergangenen Jahren auch die Wirkfaktoren tiergestützter Interventionen in den Fokus des Forschungsinteresses 4 (z.B. Pottmann-Knapp, 2013, zitiert nach Ladner & Brandenberger, 2020) . Grundsätzlich können sich Mensch-Tier-Interaktionen positiv auf das Lernen von Kindern und Jugendlichen auswirken 5 (Mombeck, 2022) . Unterschiedliche empirische Studien liefern Hinweise dafür, dass die Anwesenheit und Kontaktaufnahme mit einem Tier im therapeutischen Setting nicht nur Stress und Ängste reduzieren, sondern auch eine beruhigende Wirkung auf den Menschen haben 6 (Germann-Tillmann, Merklin & Stamm Näf, 2019) . Folglich kann mittels tiergestützter Interventionen auf der emotionalen und motivationalen Ebene eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiches Lernen geschaffen werden. So fanden sich bereits positive Effekte im Kontext der hundgestützten Leseförderung hinsichtlich einer Steigerung der Leseleistung und -motivation 7 (Beetz & Heyer, 2016, zitiert nach Lipka, 2016) . Zum Einsatz kommen in den unterschiedlichsten pädagogisch- und klinisch-psychologischen Settings (z.B. Ergotherapie, Logopädie, Psychotherapie) neben Hunden, auch Katzen, Alpakas und vielfach Pferde 8 (Germann et al., 2019) . Auch in der lerntherapeutischen Praxis zeigt der Einbezug von tiergestützter Therapie bereits eine vielversprechende Wirkung 9 (vgl. z.B. Boergen, 2020) und kann auf der emotionalen und motivationalen Ebene Kinder und Jugendliche unterstützen, positive Lern- und Leistungserfahrungen zu machen.
Bei allen tiergestützten Interventionen muss darauf geachtet werden, dass die Bedürfnisse von Mensch und Tier aufeinander abgestimmt werden. Beispielsweise gibt es Kinder, die lediglich die Anwesenheit eines Hundes schätzen, jedoch keine direkte Kontaktaufnahme zu dem Tier wünschen. Auf der anderen Seite muss dem Ruhebedürfnis des Tieres artgerecht begegnet werden und stets ein frei zugänglicher Rückzugsort vorhanden sein 10 (Germann-Tillmann et al., 2019) . Der Mensch als Therapeut*In bleibt ausnahmslos in der Verantwortung, den therapeutischen Prozess und damit auch den Beziehungsaufbau zum Kind bzw. zum/ zur Jugendlichen (Joining) zu gestalten.
Vor dem Hintergrund meiner eigenen Berufserfahrung aus unterschiedlichen pädagogisch-psychologischen Settings kann ich die positive Wirkung der Anwesenheit von Tieren auf das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen bestätigen. Auch in meiner eigenen lerntherapeutischen Praxis ist es mir von Beginn an ein Anliegen gewesen, tiergestützt arbeiten zu können. Bisher haben die Kinder und Jugendlichen die Anwesenheit meiner alten Hündin sehr geschätzt, war sie doch beim Vorlesen und dem Erklären von Rechenwegen eine ausnahmslos geduldige Zuhörerin. Inzwischen habe ich erneut tatkräftige Unterstützung auf vier Pfoten. Mein junger Labradorrüde ist bereits fachkundig für seinen Einsatz im pädagogischen Bereich vorerzogen worden. Inzwischen hat er seine nach ESAAT (European Society for Animal Assisted Therapy) -zertifizierte Ausbildung zum Therapiebegleithund begonnen und ich freue mich darauf, ein wunderbares Team mit ihm zu werden.
Sprechen Sie mich gerne an, sollten Sie Fragen zur tiergestützten Intervention in meinem lerntherapeutischen Setting haben. Bitte informieren Sie mich, sollten Sie ihr Kind in meiner Praxis zur Lerntherapie anmelden (Warteliste) und Ängste vor Hunden oder eine Tierhaarallergie bekannt sein.
Literatur:
Boergen, I. (2020). Tiergestützte Lerntherapie bei LRS und Legasthenie. Abgerufen am 03.01.2023 unter: Tiergestützte Lerntherapie bei LRS und Legasthenie – alphaPROF
Deci, E.L. & Ryan, R.M. (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und
ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik, 39, 223-238.
De Corte, E., Greer, B., & Verschaffel, L. (1996). Mathematics teaching and
learning. In D. C. Berliner & R. C. Calfee (Eds.), Handbook of educational
psychology (pp. 491–549). New York: Simon & Schuster Macmillan.
Germann-Tillmann, T., Merklin, L., Stamm Näf, A. (2019). Tiergestützte Interventionen. Praxisbuch zur Förderung von Interaktionen zwischen Mensch und Tier. Bern: Hogrefe.
Ladner, D. & Brandenberger, G. (2020). Tiergestützte Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen. München: Ernst Reinhardt Verlag.
Lipka, M. (2016). Einsatz von Hunden im Lehr-Lernkontext. Lernen und Lernstörungen 2016; 5(2): 133 – 135 133DOI 10.1024/2235-0977/a000134
Pekrun, R. (2018). Emotion, Lernen und Leistung. In M. Huber & S. Krause (Hrsg.), Bildung und Emotion (S. 215-231). Wiesbaden: Springer.
Mombeck, M.M. (2022). Empirischer Forschungsstand: tiergestützte Pädagogik. In: Tiergestützte Pädagogik – Soziale Teilhabe – Inklusive Prozesse. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-37170-8_3
Reiss, K. & Hammer, C. (2021). Selbstreguliertes Lernen. In: Grundlagen der Mathematikdidaktik. Mathematik Kompakt. Birkhäuser, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-030-65429-0_13